Gedichte im Islam

Der Bauer und der Vogel

von Dschalal Farahani übersetzt von Purandocht Prayech

Ein Bauer hatte einen Garten voller Blüten,
In dem Tulpen hell wie Leuchten glühten.

Rosen, Zypressen und Weiden in Reihe standen,
Granatäpfel, Quitten und Äpfel waren auch vorhanden.

Die Narzisse neigte sich trunken zum Rasen hin,
Lärmte und trieb Unfug mit dem Jas1 und Jasmin.

Auf jedem Zweig ein Singvogel sang,
Sodass Verstand und Vernunft einem schwand.

Der Bauer, stark wie ein Elefant,
Nahm voll Eifer die Schaufel in die Hand.

Überall im Garten ließ er Wasser fließen,
Und tat so jede einzelne Pflanze begießen.

Kurz darauf er zum Obstgarten kam,
Dort sah er einen Vogel, der sich ganz närrisch benahm.

Mit Krallen und seinem langen Schnabel war er drauf aus,
Alles was er sah, zu zupfen heraus.

Den Bauer verspottend, schlug er wild um sich,
Reifes und Unreifes schlang er in sich.

So hoch flammte der Zorn im Mann,
Dass seines Zornes Flamme die ganze Welt steckte an.

Korn streute er aus, stellte eine Falle auf,
In die ging der Vogel bald darauf.

Aus dem Hinterhalt, wie ein Teufel, sprang der Mann
Und fing den Vogel zu schlagen an.

Die Falle warf er um, das Messer er zog,
Ihm den Kopf abzuschneiden, er erwog,

Der Vogel fing zu jammern an,
„Lass mir mein Leben, guter Mann.

Lass ab von meinem Blut und meinem Leben,
Dann will ich dir drei Ratschläge geben.

Der erste Rat sei: Glaub es nicht,
Wenn jemand unsinnige Worte spricht.

Der zweite Rat sei: Es tut nicht gut,
Wenn du dich grämst um verloren Gut.

Der dritte Rat sei alsodann,
Lauf nicht nach Dingen, die man nicht haben kann.“

Da überkam den Mann Barmherzigkeit,
Laut Gottes Gebot wurde der Vogel befreit.

Aus des Bauers Hand kam der kluge Vogel geflogen,
Grad wie ein Pfeil schnellt aus dem Bogen.

Auf einem Zweig sitzend begann er zu singen,
Der Jammer des Mannes tat nun erklingen.

„Weißt du“, fragt der Vogel, „was geschah deiner Hand?
Und war dein Gegner dir überhaupt bekannt?

Einen Schatz im Entenei trag ich im Bauch,
Kostbarer als ein ganzes Land ist er auch.“

Der Mann bereute des Vogels Freiheit sehr,
Zu Kummer wurde seine Freude mehr und mehr.

Zum Vogel sagt er: „Lass das doch gehen,
Ein Gespräch mit dir ist mehr wert als tausend Juwelen.

Sei mein Freund und meiner Seele Labe,
Verschöne dadurch meine jetzigen Tage.“

Es lachte der Vogel über des Mannes List,
„Wohlauf“, sprach er, „was für ein Fuchs du bist.

Solange du nichts wusstest von meinem Gut,
Schien es dir recht, zu vergießen mein Blut.

Sagte ich dir nicht, du böser Mann,
Nicht zu verlangen, was man nicht haben kann.

Warum willst du dich jetzt gesellen zu mir,
Hast du vergessen welchen Rat ich gab dir?

Ein Entenei kann gewiss nicht sein
Im Bauch eines Vogels, wie ich so klein.

Um einen Schatz, den’s nicht gibt – wenn’s ihn auch gäbe –
So er dir entgeht, vergieß keine Träne!“

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