Gedichte im Islam
Das Wunder der Flucht
Über die Auswanderung

von
Friedrich Rückert

Auf jener Flucht, von welcher nun
Das Morgenland die Jahre zählt,
Als im Gebirg um auszuruhn,
Mohammed hat die Höhl’ erwählt,
Wo Abubeker bei ihm war,
Und vor der Höhle die Gefahr,
Der feindlichen Verfolger Schaar –
Mohammed sprach: Was zitterst du?
Wir sind nicht zwei hier, wir sind drei.
Da kam hernieder Gottesruh,
Gefühl, dass Gott mit ihnen sei.
Sie fühlen Friedensatem weh’n;
Die Feinde vor der Höhle steh’n,
Was hindert sie herein zu gehen?
Die Taube draußen auf dem Stein
Hat in der Nacht ihr Ei gelegt;
Die Spinne hat den Eingang sein
Mit seidnem Vorhang überhegt,
Betrogen sieht’s der Feind und spricht:
Das Ei ist ganz, das Netz ist dicht;
In dieser Höhle sind sie nicht.
In dieser Höhle sind sie doch,
Die Feinde aber gehen vorbei.
Bei Spinn’ und Taube ruh’n sie noch,
Bis draußen sind die Wege frei;
Dann gehen sie hin wohl ausgeruht,
Und danken Gott für treue Hut,
Der groß im Kleinen Wunder tut.

von Friedrich Rückert aus
Sieben Bücher morgenländischer Sagen und Geschichten", Stuttgart 1837

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