Kapitel 8
Islamisches Oberhaupt oder Führungsrat Verfassung der Islamischen Republik Iran

(In Klammern gesetzte Teile sind Erläuterungen von eslam.de)

Artikel 107

(1) Nach dem Ableben des herausragenden Vorbild der Nachahmung, dem großen Oberhaupt der weltweiten islamischen Revolution und dem Begründer der Islamischen Republik Iran, dem geehrten Groß-Ajatollah  Imam Chomeini, möge Gott seine edle Seele heiligen, der als Vorbild der Nachahmung und Oberhaupt von einer entscheidenden Mehrheit des Volkes anerkannt und akzeptiert war, soll die Ernennung des Oberhauptes der vom Volk gewählten Expertenversammlung [madschlis-e-chobregaan] übertragen werden (vgl. Struktur der Verfassung).

Diese Experten werden bezüglich der Verdienste aller qualifizierten Rechtsgelehrten, die die in Artikel 5 und Artikel 109 spezifizierten Qualifikationen erfüllen, überprüfen und beraten. Im Falle, dass  sie jemanden finden, der in islamischen Vorschriften und den Inhalten des islamischen Rechts sowie in politischen und sozialen Fragen gelehrt ist oder allgemeine Popularität genießt oder eine besondere herausragende Position hinsichtlich der in Artikel 109 genannten Eigenschaften hat, wird er zum Oberhaupt bestimmt. Andernfalls werden sie einen von ihnen zum Oberhaupt wählen. Das so von der Expertenversammlung bestimmte (oder gewählte) Oberhaupt wird die Statthalterschaft der Befehlgewalt und alle daraus erwachsenden Verantwortlichkeiten übernehmen.

(2) Das Oberhaupt ist vor dem Gesetz allen Bürgern gleich.

Artikel 108

Das Gesetz über die Anzahl der Experten und die von ihnen zu erfüllenden Voraussetzungen sowie das Verfahren für ihre Wahl und die Geschäftsordnung für ihre Sitzungen während der ersten Wahlperiode werden durch die islamischen Rechtsgelehrten des ersten Wächterrates erarbeitet, mit der Mehrheit ihrer Stimmen beschlossen und zur endgültigen Genehmigung dem Oberhaupt der Revolution vorgelegt. Jede spätere Änderung und Neufassung dieses Gesetzes oder Formulierung anderer Vorschriften liegt in der Zuständigkeit der Expertenversammlung.

Artikel 109

(1) Die Voraussetzungen und Eigenschaften für das Oberhaupt sind:

  1. Die zur Erstellung von Rechtsgutachten in verschiedenen Bereichen des islamischen Rechts notwendige Gelehrtheit,
  2. Gerechtigkeit, und Gottesehrfurcht, die für die Führung der Islamische Weltgemeinschaft [ummah] erforderlich ist,
  3. eine vernünftige politische und gesellschaftliche Weitsicht, Besonnenheit, Tapferkeit, administrative Fertigkeiten und adäquate Führungsfähigkeiten.

(2) Sollten mehrere Personen diese Erfordernisse erfüllen, wird der mit der größeren Weitsicht in rechtlichen und politischen Angelegenheiten der Vorzug gegeben.

Artikel 110

(1) Pflichten und Befugnisse des islamischen Oberhauptes:

  1. Festlegen der allgemeinen politischen Richtlinien der Islamischen Republik Iran nach Beratung mit dem Schlichterrat zur Festlegung des Interesses der islamischen Ordnung.
  2. Aufsicht der richtigen Durchführung der allgemeinen Politik der Regierung.
  3. Herausgabe von Erlassen für nationale Volksabstimmungen.
  4. Oberbefehl über die bewaffneten Streitkräfte.
  5. Erklärung von Krieg und Frieden und Mobilmachung der bewaffneten Streitkräfte.
  6. Ernennung, Entlassung und Annahme des Rücktritts von:
    1. den Rechtsgelehrten des Wächterrats;
    2. dem Oberhaupt der Justiz;
    3. dem Leiter von Rundfunk und Fernsehen der Islamischen Republik Iran;
    4. dem Chef des Generalstabs;
    5. dem Oberkommandierenden des Korps der Islamischen Revolutionswächter;
    6. die Befehlshaber der bewaffneten Streitkräfte und der Polizei;
  7. Lösung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den drei Staatsgewalten und Regulierung ihrer Beziehungen.
  8. Lösung von Problemen, die mit konventionellen Mitteln nicht lösbar sind, durch den Schlichterrat.
  9. Unterzeichnung der Ernennungsurkunde des Präsidenten nach seiner Wahl durch das Volk. Die Eignung der Präsidentschaftskandidaten in Bezug auf die in diesem Gesetz erwähnten Voraussetzungen muss vor der Wahl durch den Wächterrat und in der ersten Wahlperiode durch das islamische Oberhaupt bestätigt werden;
  10. Absetzung des Präsidenten der Republik unter Berücksichtigung der Interessen des Landes nach dem Urteil des Obersten Gerichtshofes des Landes über die Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten oder nach einem Misstrauensvotum durch die Islamische Beratungsversammlung auf der Grundlage von Artikel 89.
  11. Begnadigung oder Minderung des Strafmaßes Verurteilter nach dem Vorschlag des Leiters der Justiz.

(2) Das Oberhaupt kann Teile seiner Aufgaben und Autorität an eine andere Person übertragen.

Artikel 111

(1) Falls das Islamische Oberhaupt nicht mehr imstande ist, seine gesetzlichen Pflichten zu erfüllen, oder falls er eine der in Artikel 5 oder Artikel 109 erwähnten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt, oder falls bekannt wird, dass er diese ursprünglich nicht besaß, wird er seines Amtes enthoben. Die Entscheidung hierüber treffen die im Artikel 108 erwähnten Experten.

(2) Im Falle des Ablebens, des Rücktritts vom Amt oder der Amtsenthebung des islamischen Oberhauptes wird die Expertenversammlung die Ernennung eines neuen islamischen Oberhauptes zügig durchführen. Während dieser Zeit wird ein Rat, der sich aus dem Präsidenten, dem Leiter der Judikative und einem Juristen aus dem Wächterrat auf Beschluss des Schlichterrates provisorisch die Pflichten des islamischen Oberhauptes übernehmen. Im Falle, dass einer von ihnen nicht in der Lage ist, diese Pflichten zu erfüllen, aus welchem Grund auch immer, wird vom Schlichterrat eine andere Person bestimmt unter gebührender Berücksichtigung einer Mehrheit von Juristen im (provisorischen Islamischen Führungs-)rat.

(3) Dieser Rat wird die Aufgabe des Oberhauptes im Hinblick auf die Absätze 1, 2, 3, 5 und 10 und Abschnitte d, e und f des Absatzes 6 im Artikel 110 ausführen mit Zustimmung von Dreiviertel der Mitglieder des Schlichterrates.

(4) Wenn das Oberhaupt vorübergehend nicht imstande ist, aufgrund von Krankheit oder einem anderen Ereignis, die Pflichten des islamischen Oberhauptes auszuüben, wird der in diesem Artikel erwähnte (provisorische) Rat seine Pflichten (übergangsweise) wahrnehmen.

Artikel 112

(Der Schlichterrat heißt eigentlich: Versammlung zur Festigung des Interesses der islamischen Ordnung)

(1) Der Schlichterrat wird auf Anordnung des islamischen Oberhauptes einberufen, um zu entscheiden, was am zweckdienlichsten ist, in dem Fall in dem der Wächterrat eine von der Islamischen Beratungsversammlung gebilligte Gesetzesvorlage als in Widerspruch zu den Grundsätzen des islamischen Rechts [scharia] oder der Verfassung erachtet und die Islamischen Beratungsversammlung (dennoch) nicht in der Lage ist, auf der Grundlage nationaler Zweckdienlichkeit die Zufriedenheit des Wächterrates sicherzustellen. Der Schlichterrat wird ebenfalls einberufen, um über jede Frage zu beraten, die ihr vom Oberhaupt weitergegeben wird oder auf seine in der Verfassung erwähnten Pflichten bezogen ist.

(2) Die ständigen und übergangsweisen Mitglieder dieses Rates werden vom islamischen Oberhaupt bestimmt.

(3) Die auf den Rat bezogenen Bestimmungen sollen von seinen Mitgliedern formuliert und gebilligt und vom islamischen Oberhaupt bestätigt werden.

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