Mensch u. Glaube

Das menschliche Wesen aus der Weltanschauung des Islam

Ayatollah Morteza Motahhari

Inhaltsverzeichnis

Werte des menschlichen Wesens

1. Das menschliche Wesen ist der Stellvertreter Gottes auf Erden:

„Und als dein Herr zu den Engeln sprach: ‚Siehe, ich will auf der Erde einen einsetzen, an meiner Statt (Statthalter)’ da sprachen sie: ‚Willst du auf ihr einen einsetzen, der auf ihr Verderben anstiftet und Blut vergießt? Und wir verkünden dein Lob und heiligen dich.’ Er sprach: ‚Siehe, ich Weiß, was ihr nicht wisst.’“

(Heiliger Qur´an 2:30)

„Und er ist es, der euch zu Nachfolgern auf der Erde machte und die einen von euch über die anderen um Stufen erhöhte, auf dass er euch prüfe durch das, was er euch gegeben hat ...“

                                                                   (Heiliger Qur´an 6:165)

2. Die geistige Kapazität des menschlichen Wesens übersteigt die jeder anderen Kreatur:

„Und er lehrte Adam aller Dinge Namen, dann zeigte er sie den Engeln und sprach: ‚Verkündet mir die Namen dieser Dinge, so ihr wahrhaft seid.’ Sie sprachen: ‚Preis dir, wir haben nur Wissen von dem, was du uns lehrtest, siehe, du bist der Wissende, der Weise.’ Er sprach: ‚Oh Adam, verkünde ihnen ihre Namen.’ Und als er ihnen ihre Namen verkündet hatte, sprach Er: ‚Sprach ich nicht zu euch: Ich weiß das Verborgene der Himmel und der Erde, und ich weiß, was ihr offen kund tut und was ihr verberget?’“

(Heiliger Qur´an 2:31-33)

3. Instinktiv besitzt der Mensch eine Art Kenntnis über Gott; er ist sich tief in seinem Inneren der Existenz Gottes bewusst. Alle Zweifel und Verleugnungen sind Erkrankungen und Verwirrungen seiner eigentlichen Natur:

„Und als dein Herr aus den Lenden der Kinder Adams ihre Nachkommenschaft zog und wider sich selbst zu Zeugen nahm (und sprach): ‚Bin ich nicht euer Herr?’ sprachen sie. ‚Jawohl wir bezeugen es ...’“                                          (Heiliger Qur´an 7:172)

„Drum wende dein Angesicht zum rechten Glauben, bevor ein Tag von Allah kommt, der sich nicht abwenden lässt ...“

(Heiliger Qur´an 30:42)

4. Der Mensch besitzt in seiner Natur außer materiellen Elementen, wie sie in leblosen Gegenständen, Pflanzen und Tieren vorhanden sind, auch ein göttliches Element. Er ist eine Zusammensetzung aus Natur und Metaphysik, Materie und Geist, Körper und Seele:

„Der alles, was Er erschaffen hat, gut gemacht hat. Zuerst erschuf Er den Menschen aus Ton. Dann machte Er seine Nachkommenschaft aus dem Erguss eines verächtlichen Wassers. Dann formte Er ihn und blies ihm von seinem Geist ein.“ (Heiliger Qur´an 32:7-9)

5. Die Schöpfung des Menschen war genauestens überlegt. Es wurde nichts dem Zufall überlassen. Das menschliche Wesen stellt eine auserwählte Kreatur dar:

„... Alsdann erwählte ihn sein Herr und kehrte sich zu ihm und leitete ihn ...“           (Heiliger Qur´an 20:122)

6. Der Mensch besitzt eine freie Natur. Er ist Statthalter Gottes und hat Aufgaben und Verantwortungen. Ihm ist aufgetragen, die Erde aus eigenen Kräften urbar zu machen, und je nach seiner freien Wahl den Weg zur Glückseligkeit oder den zum ewigen Unglück einzuschlagen:

„Siehe, wir boten den Himmeln und der Erde und den Bergen das Unterpfand an, doch weigerten sie sich, es zu tragen, und schreckten davor zurück. Der Mensch lud es jedoch auf sich, denn er ist ungerecht und unwissend.“ (Heiliger Qur´an 33:72)

„Wir haben den Menschen aus einem Tropfen, einem Gemisch erschaffen, um ihn zu prüfen. Und Wir haben ihn mit Gehör und Augenlicht versehen. Wir haben ihn den (rechten) Weg geführt, ob er nun dankbar oder undankbar ist.“       (Heiliger Qur´an 76:2-3)

7. Das menschliche Wesen ist mit einem hohen Maß an Großmut und Ehre ausgestattet. Gott hat es vor vielen anderen seinen Geschöpfen ausgezeichnet. Erst dann wird es sich seiner wahren Persönlichkeit bewusst werden, wenn es diese Werte in sich spürt, und sich von Niedertracht, Knechtschaft und sinnlicher Versklavung befreit:

„ ... Und der Seele und dem, was sie zurechtformt. Und ihr ihre Lasterhaftigkeit und ihre Frömmigkeit eingibt! Dem wird wohl ergehen, der sie läutert, ...“       (Heiliger Qur´an 91:7-8)

8. Der Mensch besitzt ein Gewissen. Durch das instinktive Gebot kann er zwischen Gut und Böse unterscheiden:

„Wenn ihr Gutes tut, tut ihr Gutes für euch selbst. Wenn ihr Böses tut, ist es auch für euch selbst ...“                                                       (Heiliger Qur´an 7:17)

9. Das menschliche Wesen findet nur im Gedenken an Gott innere Ruhe. Seine Ansprüche kennen keine Grenzen. Die Erfüllung seiner Wünsche befriedigt ihn nur vorübergehend. Die wahre Befriedigung findet er im Streben nach dem einzig Ewigen (Gott):

„Diejenigen, die glauben und deren Herzen im Gedenken Gottes Ruhe finden - ja, im Gedenken Gottes finden die Herzen Ruhe“

(Heiliger Qur´an 13:28)

„Oh Mensch, du strebst mühevoll deinem Herrn zu, und du wirst Ihm begegnen.“            (Heiliger Qur´an 84:6)

10. Die Gaben Gottes auf Erden sind um des Menschen willen geschaffen:

„Er ist's, der für euch alles auf Erden erschuf ...“

(Heiliger Qur´an 2:29)

„Und Er hat euch von sich aus alles dienstbar gemacht, was in den Himmeln und was auf der Erde ist...“                                                   (Heiliger Qur´an 45:13)

11. Der Mensch ist geschaffen, um allein Gott zu dienen und Seinen Befehlen zu gehorchen. Des Menschen Pflicht ist also Gehorsam gegenüber Gott:

„Und Ich habe die Dschinn und die Menschen nur dazu erschaffen, dass sie Mir dienen.“                                                                    (Heiliger Qur´an 51:56)

12. Sobald der Mensch das irdische Leben verlassen und den Schleier des “Ich“ und des Körpers abgelegt hat, werden sich ihm manche bis dahin verborgen gebliebene Wahrheiten erschließen:

„ ... Nun haben Wir deine Decke von dir weggezogen, so dass dein Augenlicht heute scharf ist.“                                                            (Heiliger Qur´an 50:22)

13. Die Befriedigung materieller Bedürfnisse allein erfüllt ihn nicht, vielmehr strebt er nach höheren Idealen. Zuweilen gelten all sein reges Tun und Lassen der Zufriedenstellung seines Schöpfers:

„Oh du beruhigte Seele, kehre zurück zu deinem Herrn zufrieden, befriedigt ... “              (Heiliger Qur´an 89:27-28)

„Verheißen hat Allah den Gläubigen, Männern und Frauen, Gärten durcheilt von Bächen, ewig darinnen zu verweilen, und gute Bleiben in Edens Gärten. Aber Wohlgefallen bei Allah ist besser als dies. Das ist die große Glückseligkeit.“   (Heiliger Qur´an 9:72)

Aus dem bisher Gesagten folgt, dass der Mensch aus der Sicht des Heiligen Qur´an ein auserwähltes Geschöpf Gottes ist. Er ist Sein Statthalter auf Erden und ist von teils himmlischer, teils irdischer Natur. Instinktiv weiß er über Gott, ist frei, unabhängig, fühlt sich für sich selbst und seine Umwelt verantwortlich und fühlt sich als Herr über Himmel und Erde. Er hat die Neigung zum Guten wie zum Bösen. Aus einem Zustand der Ohnmacht und Hilflosigkeit heraus kann er zur Vollkommenheit gelangen; aber nur in der Nähe Gottes und im Gedenken an ihn wird der Mensch Ruhe finden.

Seinen geistig- schöpferischen Fähigkeiten sind so gut wie keine Grenzen gesetzt; er ist von seiner Schöpfung her edel- und großmütig gesinnt, und es ist ihm möglich, dass sein Motiv nicht materiell gefärbt ist. Ihm ist es gestattet, von den Gaben Gottes nachhaltig und gerecht Gebrauch zu machen, allerdings hat er auch Verpflichtungen seinem Schöpfer gegenüber.

© seit 2006 - m-haditec GmbH - info@eslam.de