Geist des Tauhid

Der Geist des Monotheismus, die Ablehnung der Götzenanbetung

Imam Chamenei

Inhaltsverzeichnis

Aus der Sicht des Studiums und der Beurteilung des Menschen

Das bedeutet Gleichheit und Gleichwertigkeit der Menschen in ihrem Bezug zu Gott. Er ist Herrscher und Herr aller Menschen. Niemand hat aus Sicht seiner menschlichen Natur eine vorrangige und besondere Beziehung zu Ihm. Niemand hat mit Ihm eine Verwandtschaftsbeziehung. Er ist nicht Gott eines bestimmten Volkes, eines Stammes oder einer Sippe, was bedeuten würde, dass alle anderen um ihrer selbst willen – gleichsam als Mittel, über das sie verfügen können – geschaffen und ernährt worden wären. Alle sind Ihm gegenüber gleich. Und wenn es um Unterschiede vor Gott gehen sollte, wäre dies nur aufgrund der Tatsache, dass der einzelne Mensch sich auf den Weg macht, Wohltaten im Interesse der Menschheit zu vollbringen, und der sich zugleich um die Durchführung des göttlichen Programms bemüht, denn dieses stellt als Einziges eine beruhigende Garantie für die Transzendenz des Menschen dar.

Und sie sagten: ,Gott hat sich Kinder genommen.’ Preis sei Ihm! Nein, vielmehr gehört Ihm alles, was in den Himmeln und auf der Erde ist. Alles ist Ihm demütig ergeben.“[1]

„Wer etwas an rechtschaffenen Werken tut und dabei gläubig ist, der wird für sein Bemühen nicht Undank ernten; Wir schreiben es ihm gut.“[2]

„O ihr Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen und von einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Verbänden und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennen lernt. Gewiss, der Angesehenste unter euch bei Allah ist der Gottesfürchtigste von euch.“[3

Monotheismus bedeutet auch Einigkeit und Gleichheit der Menschen in der Schöpfung und gemäß der menschlichen Natur. Die menschliche Natur ist ein einheitliches Element, das bei jedem Einzelnen gleichartig fließt und strömt. Die Menschen verschiedener gesellschaftlicher Schichten sind nicht Diener und Geschöpfe von verschiedenen Göttern! Ansonsten wären nämlich die Elemente und deren Schöpfung untereinander verschieden, und dementsprechend bestünde eine unpassierbare Grenze zwischen ihnen, als ob es einen Gott auf einer höheren Ebene gäbe, der mächtiger und erhabener wäre als die darunterliegenden Götter. Alle sind Geschöpfe eines einzigen Gottes, in ihrer juwelenhaften Essenz gleich, und sie befinden sich auf einer Ebene.

„Oh ihr Menschen, fürchtet euren Herrn, der euch aus einem einzigen Wesen erschuf, …“[4]

Das bedeutet auch die Gleichheit und Gleichwertigkeit der Menschen auf dem Wege, sich zu erhöhen und zu entwickeln, weil die Essenz und Natur in allen Menschen gleich ist. Und das ist die Grundlage, die durch die Weisheit Gottes geschaffen worden ist. Dementsprechend gibt es niemanden, der gemäß seinem Wesen und seiner Natur infolge des Einhaltens des geraden Weges der Transzendenz und der eigenen Entwicklung keine Fähigkeiten hätte. Deswegen ist die Einladung zu Gott eine allgemeine Einladung und betrifft nicht nur ein Volk oder eine Schicht.

Obwohl die verschiedenen Bedingungen unterschiedliche Auswirkungen haben, könnte deren Vergänglichkeit niemals aus dem Menschen auf Dauer einen Dämon oder einen Engel machen, die beide in ihrer Natur gebunden bzw. gezwungen sind, denn beim Menschen ist eine Veränderung nie auszuschließen.

„Und Wir haben dich für die Menschen allesamt nur als Freudenboten und Warner gesandt.“[5]

„Und Wir haben dich als Gesandten den Menschen geschickt.“[6]

„Oh ihr Menschen, gekommen ist nunmehr zu euch ein Beweis von eurem Herrn. Und Wir haben zu euch ein offenkundiges Licht hinabgesandt. Diejenigen nun, die an Allah glauben und an Ihm festhalten, wird Er in seine Barmherzigkeit und Huld eingehen lassen und auf einem geraden Weg zu sich führen.“[7]

Das bedeutet die Freiheit aller Menschen von der Sklaverei wie auch von der Anbetung von Götzen. Und das ist eine andere Bedeutung des Begriffes Gottesanbetung.

Es geht um die Freiheit der Menschen, die auf verschiedene Art und Weise vor der Macht der Götzen kapitulieren und von ihnen gefangen sind. Es ist wie geistige und kulturelle Gefangenschaft, wirtschaftliche Einkerkerung und politische Verwahrung. Und die Rettung der Menschen, die in Bezug auf den erweiterten Begriff “Gottesdienst“ in Sklaverei und Anbetung anderer Menschen, wie sie selbst es sind, verharren und diese anstelle von Gott als Ihm ebenbürtig und als Seine Rivalen ausgesucht haben, ist durch den Monotheismus gewährleistet.

Der Monotheismus lehnt solche (von Götzen abhängige) Lebenseinstellungen ab. Denn er betrachtet die Menschen ausschließlich als Geschöpfe Gottes und befreit ihn aus der Sklaverei und Gefangenschaft aller Menschen, aller Ordnungen und grundsätzlich aller anderen hegemonialen Machtfaktoren, die gegen Gott gerichtet sind und Ihn als Rivalen betrachten und Ihm gleichwertig erscheinen wollen. Schließlich bedeutet Monotheismus die Akzeptanz der Herrschaft Gottes und selbstverständlich die Ablehnung und Ächtung aller Arten von außergöttlichen Hegemonien jeder Färbung, jeder Art und auch jeder Verpackung.

„Das Urteil gehört Gott allein. Er hat befohlen, dass ihr nur Ihm dienen sollt. Das ist die richtige Religion.“[8]

„Und dein Herr hat bestimmt, dass ihr nur Ihm dienen sollt.“[9]

Aus diesem Blickwinkel bedeutet der Monotheismus auch, dem Menschen Ehre zu erweisen und ihn wertzuschätzen. Das prächtige und glanzvolle Element des Menschen ist wertvoller, als dass der Mensch gefangen, unterworfen und demütig allen anderen außer Gott gegenüber wäre. Nur Dessen absolute Existenz und Dessen vollkommene und absolute Schönheit sind es wert, dass der Mensch Ihm gegenüber fasziniert wäre und Ihn lobpreist und anbetet, zumal die Neigung (des Menschen) zu dieser (göttlichen) Vollkommenheit eine Art der Erhabenheit darstellt und es außer jener erhabenen Existenz (Gottes) keinen Menschen und erst recht keine Dinge gibt, denen der Mensch zu dienen und die er zu lobpreisen hätte.

Alle lebenden und toten Götzen, die Gehirn, Herz und Körper des Menschen belasten und die Souveränität Gottes im menschlichen Lebensbereich räuberisch okkupieren, sind lediglich schmutzige und missgestaltete Ausgeburten, die den Menschen aus seiner Reinheit und der Klarheit seines Wesens absinken lassen und ihm nur Demütigung und Untertänigkeit bringen. Um seine erhabene Stellung wiederzufinden, muss der Mensch ihnen den Rücken zukehren und sich von dem Schmutz der Schande ihrer Anbetung reinwaschen.

Keine humanistisch-materialistische Sichtweise könnte die Erhabenheit, die herausragende Bedeutung und den Edelmut des Menschen in solcher Feinheit und Tiefe ausdrücken!

„…So meidet den Gräuel der Götzen, und meidet die falsche Aussage, als Anhänger des rechten Glaubens gegenüber Allah, die Ihm nichts beigesellen. Und wenn einer Allah (etwas) beigesellt, es ist, als würde er vom Himmel herunterfallen, von den Vögeln weggeschnappt oder vom Wind an einen fernen Ort hinabgestürzt werden.“[10]

„Setze neben Allah keinen anderen Gott, sonst wirst du gescholten und im Stich gelassen dasitzen.“[11]

„Und setze neben Allah keinen anderen Gott, sonst wirst du in die Hölle geworfen, getadelt und verstoßen.“[12]

Das bedeutet auch die Ganzheit und Einheit des Lebensbereichs bzw. der Existenz des Menschen. Das Leben des Menschen ist eine Mischung aus subjektivem Erfassen und Realität, aus Gedanken und Handeln. Wenn jeweils nur ein Teil davon durch antigöttliche Pole und Mächte besetzt wird und der Gott suchende menschliche Geist mit einer agnostischen Realität oder die göttliche Wirklichkeit mit einem agnostischen Geist zusammenkommen, entsteht im menschlichen Lebensbereich ein Widerspruch und auf dem Gebiet der Gottesverehrung eine Art Polytheismus. In diesem Fall ist der Mensch wie ein Zeiger, der sich im magnetischen Spektrum eines fremden Elements aufhält und der, wenn er nicht vom eigentlichen, richtigen Pol und der richtigen Richtung angezogen und dadurch zumindest schwankend und in Verwirrung geraten würde, vollends von der richtigen Richtung und vom geraden Weg der menschlichen Natur bzw. von der Ausrichtung auf Gott abkommt.

„Glaubt ihr denn an einen Teil der Schrift und verleugnet einen anderen? Wer von euch aber solches tut, dessen Lohn ist nur Schande im diesseitigen Leben. Und am Tag der Auferstehung werden sie der schwersten Strafe zugeführt werden.[13]

Das bedeutet ebenfalls Harmonie und Gleichklang des Menschen mit der Welt seiner Umgebung. Die unendliche Weite des Universums ist das Feld der Aktion und Reaktion unzähliger Gesetze der Schöpfung, und kein noch so kleines Phänomen des Alls befindet sich außerhalb der Ausstrahlung dieser Gesetzmäßigkeiten. Im Einklang und in der Begegnung von Regeln und Gesetzen der Schöpfung formt sich die rhythmische Melodie der Existenz und kommt die natürliche Ordnung des Kosmos zustande.

Der Mensch ist ein Teil dieser Ganzheit, der ihren allgemeinen und besonderen Regelungen unterworfen ist, sich aber auch gleichzeitig im Einklang mit der Ordnung anderer Erscheinungsformen befindet. Aber im Gegensatz zu seinen Verwandten, die gezähmt und angebunden ihren ihrer Natur gemäßen angeborenen Weg gehen, hat der Mensch die Fähigkeit zu wählen und einen Willen zu besitzen. Er muss seinen angeborenen und natürlichen Weg in aller Freiwilligkeit gehen, und dies ist das Geheimnis bzw. die Bedingung seiner Transzendenz- und Entwicklungsfähigkeit. Dies bedeutet auch, dass der Mensch befähigt ist, von diesem natürlichen Kurs abzuweichen.

„Wer nun will, der soll glauben, und wer will, der soll ungläubig sein.“[14]

Der Monotheismus ruft den Menschen auf, seinen natürlichen und angeborenen Weg zu gehen, auf dem er in der ganzen Welt wie ein Reisender unterwegs ist. Der Monotheismus verbindet den Menschen mit der Welt. So ist er das Hauptverbindungsglied zum All, womit er auf dem Terrain des Daseins eine absolute Einheit und Einigkeit herstellt.

„Begehren sie denn eine andere als Allahs Religion, wo sich Ihm doch jeder ergeben hat, der in den Himmeln und auf der Erde ist, freiwillig oder widerwillig. Und zu Ihm werden sie zurückgebracht.“[15]

„Siehst du nicht, dass sich vor Gott jeder niederwirft, der in den Himmeln und der auf der Erde ist und auch die Sonne, der Mond und die Sterne, die Berge, die Bäume und die Tiere und viele von den Menschen?“[16]

[1] Heiliger Qur´an 2:116

[2] Heiliger Qur´an 21:94

[3] Heiliger Qur´an 49:13

[4] Heiliger Qur´an 4:1

[5] Heiliger Qur´an 34:28

[6] Heiliger Qur´an 4:79

[7] Heiliger Qur´an 4:174-175

[8] 12:40

[9] Heiliger Qur´an 17:23

[10] Heiliger Qur´an 22:30-31

[11] Heiliger Qur´an 17:22

[12] Heiliger Qur´an 17:39

[13] Heiliger Qur´an 2:85

[14] Heiliger Qur´an 18:29

[15] Heiliger Qur´an 3:83

[16] Heiliger Qur´an 22:18, es handelt sich um einen Niederwerfungsvers, worauf der Querbalken im arabischen Text hinweist. Bei Lesung des arabischen Textes werfen sie die Gläubigen zur Ehrung der Aussage nieder vor Gott. (Anm. d. Übers.)

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