Geist des Tauhid

Der Geist des Monotheismus, die Ablehnung der Götzenanbetung

Imam Chamenei

Inhaltsverzeichnis

Der Geist des Monotheismus, die Ablehnung der Götzenanbetung

Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen

Einleitung

Am Tag, an dem der Prophet des Islam, schwer belastet von der

Botschaft der Erlösung und Rettung des Menschen, die Losung

verkündete „Es gibt keine Gottheit außer Allah[1], waren die ersten Menschen, die ihm in Feindschaft gegenüberstanden und ihn zunächst mit der elementarsten Waffe der Feindschaft, d.h. mit Spott und Vorwürfen und danach, zeitgleich mit der Entwicklung der Bewegung des Monotheismus, mit schärferen Mitteln und Waffen angegriffen haben, die Führer und reichen Angehörigen der Stämme. Auch alle anderen, die mit dem Propheten und seinen Anhängern in Feindschaft lebten, standen unter ihrem Einfluss. Sie alle verursachten eine Abfolge von Bildern in der 13-jährigen Geschichte vor der Auswanderung[2] des Propheten, die von Demütigungen gekennzeichnet war. Diese historische Wirklichkeit weist deutlich auf eine Wahrheit hin, die den Islam als solchen ausmacht, nämlich den Monotheismus bzw. die Einheit Gottes – die Grundlage des Islam.

In unserer Zeit ist es sehr bedauerlich, dass trotz all dieser Botschaften zur Befreiung des Menschen eine katastrophale Situation beobachtet werden muss, und zwar eine Fehlinterpretation des Inhaltes des Monotheismus, d.h. die falsche Auslegung des grundsätzlichen Inhalts der Religionen. Es gibt eigentlich keinen anderen Begriff, der im Laufe der gesamten Geschichte in solch einer Dimension zur Erlösung des Menschen und als Überbringer der frohen Botschaft für die unterdrückten Völker beigetragen hat.

Wie wir wissen, waren in der Geschichte die göttlichen Offenbarungen und das Prophetentum immer auf den Vorteil des Menschen und auf die Rettung der Unterdrückten sowie allgemein gegen jegliche Unterdrückung, Diskriminierung und Aggression hin ausgerichtet. Der ethische Kern aller großen Religionen liege in der Wissenschaft, in brüderlichen Beziehungen, in der Milderung des Elends, in Unabhängigkeit und im Sinn für Verantwortung, wie Erich Fromm[3] meinte.

Selbstverständlich geht der ethische Kern weit darüber hinaus, und zwar in weitere hochzuschätzende Kategorien, die ein materialistischer Beobachter nicht zu berücksichtigen in der Lage ist. Diese Kategorien sind alle grundsätzlich im Monotheismus zusammengefasst. Alle Propheten predigten zum einen den Monotheismus (die Einheit Gottes), zum anderen kämpften sie für diesen Begriff, den sie durchsetzen wollten, um ihn so gut wie möglich zu verwirklichen.

Wenn der Monotheismus unerkannt bliebe oder dessen inhaltliches Mysterium falsch ausgelegt werden würde und wenn man sich außerdem nur mit einer oberflächlichen und lediglich subjektiven Auslegung zum Monotheismus zufrieden gäbe, zumal in einer Zeit, in der derlei hohe Ideale und Wunschvorstellungen mehr denn je zwingend notwendig erscheinen, muss eine derartige Fehlinterpretation nicht nur für die Gläubigen der monotheistischen Weltanschauung, sondern auch für alle diejenigen, die nach diesen Idealen suchen und sie einfordern, als bedauerliches Thema betrachtet werden.

Wie bereits erwähnt, verdeutlicht die anfängliche Parteinahme für bzw. gegen den Islam eine wichtige Wahrheit über den Monotheismus, nämlich die Parole „Es gibt keine Gottheit außer Allah.“ Diese Aussage war in erster Linie gegen diejenigen gerichtet, die dem Islam feindselig gegenüberstanden, d.h. die mittlere und mächtige Schicht der Gesellschaft.[4]

Es wird zunehmend deutlich, dass eine feindselige Einstellung von Menschen einer Idee bzw. Bewegung gegenüber eindeutig auf deren Verwurzelung in ihrer jeweiligen Gesellschaft und die damit verbundene Einwirkung auf sie hinweist. Beim genauen Studium der Geschichte der Menschen, die der Bewegung gegenüber feindselig eingestellt sind, mit ihrer klassenbedingten und gesellschaftlichen Abhängigkeit, bekommt man sogar ein Verständnis dafür. Und daran kann man auch die Stärke und Ernsthaftigkeit ihrer Feindseligkeit in all ihrer Tiefe und Auswirkung messen. Dieser Hintergrund, aber auch die richtige Kenntnis der göttlichen Offenbarungen, bieten einen sicheren Weg, die Front der Anhänger der islamischen Bewegung von der Front ihrer Feinde zu unterscheiden.

Wenn wir sehen, dass die mächtigen Schichten der jeweiligen Gesellschaften mit all ihren Möglichkeiten beim Kampf gegen die Religionen immer an vorderster Stelle standen, verstehen wir klar, dass es im gemeinsamen Wesen von Religion und religiösen Bewegungen liegt, gegen solcherlei gesellschaftliche Schichten gerichtet zu sein, die sich mit ihrer Machtbesessenheit und Geldgier grundsätzlich von anderen Schichten unterscheiden.

Um den Monotheismus aus diesem Blickwinkel heraus, d.h. hinsichtlich seiner offensiven Haltung gegen die Vormachtstellungen bestimmter gesellschaftlicher Schichten, tiefgreifend studieren zu können, ist es notwendig zu wissen, dass der Monotheismus im Gegensatz zum allgemeinen Verständnis, der ihm lediglich eine Rolle als philosophisch-subjektive Theorie zubilligt, in Wirklichkeit eine grundsätzliche Theorie über den Menschen und die Welt sowie gleichzeitig eine gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Lehre ist. Unter den religiösen und nichtreligiösen Begriffen kann man kaum einen anderen Ausdruck finden, der auf solch hohem Niveau revolutionär konstruktive Begrifflichkeit und verschiedene Dimensionen der gesellschaftlich-historischen Lebensbedingungen des Menschen umfasst. Es war kein Zufall, dass alle Offenbarungen und göttlichen Bewegungen im Laufe der Geschichte mit der Verkündigung des Monotheismus und einer konkurrenzlosen Gottheit und Gottesherrschaft begonnen haben.

Nachfolgend sind verschiedene Aspekte der monotheistischen Begrifflichkeit aufgelistet.

[1] la ialaha il-allah

[2] Gemeint ist die Hidschra nach Yathrib, dem späteren Medina, um das Jahr 622 n. Chr. (Anm. d. Übers.)

[3] Erich Fromm (1900-1980), in Deutschland geborener amerikanischer Psychoanalytiker, vor allem bekannt durch seine Anwendung der psychoanalytischen Theorie auf soziale und kulturelle Probleme. Er wurde in Frankfurt am Main geboren und studierte an den Universitäten Heidelberg und München sowie am Institut für Psychoanalyse in Berlin. (Anm. d. Übers.)

[4] Gemeint ist die Gesellschaft im damaligen Mekka. (Anm. d. Übers.)

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