Ali’s Zweikampf
Nachdem die Gegner des Propheten
Muhammads (s.) in der Schlacht von Uhud 625 n.Chr. einen
Teilerfolg erzielen konnten, nutzen sie die Gelegenheit, um
einige Stämme auf der arabischen Halbinsel aufzustacheln, um
Medina anzugreifen. Sie sahen darin eine Gelegenheit, der noch
jungen muslimischen Gemeinde den Todesstoß zu versetzen. Nach
muslimischen Überlieferungen gehörten auch einige der
jüdischen Bewohner Medinas zu denjenigen, die einen Angriff
auf die Stadt befürworteten, um dem Islam ein Ende zu
bereiten. Als Prophet Muhammad (s.) eines Tages die Juden vom
Stamm Bani Nuzair aufsuchte, merkte er an ihrem Verhalten,
dass sie Schlechtes im Schilde führten, und letztendlich wurde
der jüdischen Gemeinde ein Mordplan gegenüber Prophet Muhammad
(s.) nachgewiesen. Damit hatten sie gegen ihren Vertrag mit
den Muslimen verstoßen. Prophet Muhammad (s.) ließ dem
betroffenen jüdischen Stamm daraufhin die Nachricht
überbringen, dass sie Medina innerhalb von zehn Tagen zu
verlassen hätten. Der ebenfalls medinensische jüdische Stamm
der Bani Quraiza, der sich nicht an dem Komplott beteiligt
hatte, war nicht davon betroffen.
Die betroffenen Juden entschlossen sich
dennoch, in Medina zu bleiben und verbarrikadierten sich in
ihren Häusern. Erst nach und nach waren sie bereit, Medina zu
verlassen. Ihr gesamtes Hab und Gut durften sie mitnehmen, nur
ihre Waffen mussten sie den Muslimen aushändigen. Die Juden
nahmen selbst ihre Haustüren mit und zerstörten den Rest ihrer
Häuser nach dem Verlassen. Die Oberhäupter der Bani Nuzair
reisten nach Mekka und vereinbarten mit den Stammesführern der
Quraisch aus Mekka einen gemeinsamen Angriff auf Medina. Die
Quraisch gewannen weitere Verbündete für diesen Plan.
Prophet Muhammad (s.) erfuhr über
Kundschafter von dem militärischen Bündnis und dem geplanten
Angriff gegen die Muslime in Medina. Er berief daraufhin eine
beratende Versammlung ein, bei der das weitere Vorgehen
besprochen wurde. Dabei wurde trotz großer zahlenmäßiger
Übermacht der anrückenden Truppen der Entschluss gefasst, in
Medina zu bleiben und die Stadt zu verteidigen.
Der Prophetengefährte Salman al-Farsi
schlug vor, um die Stadt herum einen tiefen Graben auszuheben.
Auf diese Weise sollte die Stadt vor den Angriffen des Feindes
geschützt werden. Zudem sollten Wachtürme errichtet werden,
von denen aus der Graben verteidigt werden könnte. Dadurch
sollte es dem Angreifer extrem erschwert werden, den Graben zu
überwinden. Alle stimmten diesem Vorschlag zu. Sogleich wurde
mit der Aushebung des Grabens begonnen. Prophet Muhammad (s.)
machte den ersten Spatenstich und arbeitete wie alle anderen,
bis der Graben fertig war, sechs Tage vor der Ankunft der
gegnerischen Armee! Daher erhielten die darauf folgenden
Ereignisse im Jahr 627 n.Chr. den Namen „Grabenschlacht“.
Gemäß Überlieferungen war eine Armee von
über 10.000 Soldaten im Anmarsch auf Medina. Überrascht von
dem Graben, standen sie hilflos davor und fanden keine
Möglichkeit, diesen zu überwinden. Daraufhin belagerten sie
die Stadt vier Wochen lang. Es war Winter und ihre Vorräte
gingen allmählich zu Ende, denn sie hatten nicht damit
gerechnet, dass ihr Kriegszug so lange dauern würde.
Der berühmtester Kämpfer der Angreifer
war der unter den Arabern legendäre Amr ibn Abd-al-Wudd (bei
Rückert heiß er Amru). Er sprang mit seinem Pferd in den
Graben und rief den Muslimen zu: "Ihr sagt, dass eure Toten
ins Paradies kommen und unsere in die Hölle, wer will von euch
ins Paradies gelangen oder mich in die Hölle schicken?".
Prophet Muhammad (s.) wandte sich an die Muslime und sagte:
"Wer jetzt von euch gegen ihn kämpft, der wird ins Paradies [dschanna]
kommen und wenn er siegt, wird er meine Nachfolge antreten".
Alle blieben still, nur der damals 25-jähriger Imam Ali (a.)
rief: "Oh Gesandter Allahs, niemand außer mir kann ihm
entgegen stehen". Der Prophet rief ihn zunächst zurück.
Prophet Muhammad (s.) wiederholte seine Worte noch zweimal und
kein anderer Muslim wollte sich dem Kampf stellen, während
Imam Ali (a.) sich jedes Mal meldete. Schließlich gab Prophet
Muhammad (s.) ihm seinen eigenen Turban und sein Schwert und
schickte ihm in den Kampf. Als Ali den Graben herunter ging,
schaute der Prophet (s.) in den Himmel und betete für ihn.
Der Kampf verlief gemäß Überlieferungen
extrem heftig und endete mit einem in vielen islamischen
Geschichtsbüchern vermerkten erstaunlichen Abschluss:
Imam Ali (a.) streckte Amr nieder und
wollte ihn töten. In diesem Moment spukte Amr mitten ins
Gesicht Imam Alis (a.). Imam Ali (a.) wandte sich kurz ab,
ging einige Schritte weg, kam zurück und tötete Amr. Auf sein
Verhalten angesprochen erläuterte Imam Ali (a.), dass nach dem
Spucken ins Gesicht die Gefahr bestand, dass er ihn nicht aus
einer reinen Absicht getötet hätte und es sollte eine Lehre
für die Menschen sein, niemals eine persönliche Rache mit
reinen Absichten zu vermengen.
Die Juden der Bani Nuzair, die diesen
Kriegszug angestiftet hatten, schmiedeten einen neuen Plan.
Sie stachelten den in Medina verbliebenen jüdische Stamm Bani
Quraiza auf, ihren Vertrag mit den Muslimen zu brechen und sie
innerhalb Medinas zu bekämpfen, dann wäre es leichter für das
riesige Heer, den Graben zu überwinden. Erst wollten die Bani
Quraiza an dem Vertrag festhalten, dann ließen sie sich aber
doch umstimmen und bereiteten sich auf die Unterstützung der
Belagerer vor. Der Angriff von innen sollten am darauf
folgenden Tag erfolgen. In der Nacht kam plötzlich ein
heftiger Sturm auf. Die Windböen rissen die Zelte der
Angreifer mit sich fort. Noch bevor der Morgen anbrach, zog
das Heer der Belagerer auf Befehl ihres Anführers Abu Sufyan
ab, der eine Niederlage fürchtete. Die Bani Nuzair schlossen
sich den Quraisch an und ließen die Bani Quraiza im Stich,
ohne sie rechtzeitig zu informieren.
Die Bani Quraiza standen nun völlig
alleine da und wurden belagert. Im Gegensatz zu den Bani
Nuzair wurde ihnen kein Abzug mit all ihrem Besitz gewährt.
Nach Verhandlungen stimmte Prophet Muhammad (s.) dem Vorschlag
zu, Saad ibn Maath, dem Oberhaupt des medinensischen Stammes
der Aus, der mit den Juden sehr gute und freundschaftliche
Beziehungen pflegte, über das Schicksal der Bani Quraiza
entscheiden zu lassen. Er verurteilte die bewaffneten
aufständischen Soldaten der Bani Quraiza zum Tode. Ein Teil
der Juden konnte fliehen und fand Zuflucht in Chaibar. Andere
in Medina lebende Juden waren nicht betroffen und konnten in
Frieden in der Stadt weiterleben. Einige von ihnen nahmen
später den Islam an.
Im Heiligen Qur´an sind die Ereignisse an
verschiedenen Stellen festgehalten (u.a. 33:9 ff.).
In dem Kriege des Grabens
Um die heilige Stadt,
den durch der Feinde Zwiespalt
Gott beendiget hat;
Trat aus dem feindlichen Heere
Amru hervor ohne Scheu,
Und aus der Stadt ihm entgegen
Schritt Ali, der Gottesleu.
Da rief Amru: Mein Vetter!
Nicht töten will ich dich.
Doch Ali rief: Feind Gottes!
Ja, dich töten will ich.
Das regte den Zorn des Amru,
vom Rosse sprang er ab,
Selbst seinem treuen Tiere
Den Todesstreich er gab.
„Hier sollst du liegen als Zeichen,
Dass ich aus diesem Streit
Nicht lebend will entweichen,
Wenn Gott mir nicht Sieg verleiht.“
Nun trafen mit Waffenschalle
Zusammen Held und Held;
Die Gläubigen schauen vom Walle,
Und die Feinde vom Feld.
Sie machten hin und wieder
So gewaltig den Sang,
Dass empor vom Boden
Gewirbelt der Staub sie verschlang.
Nichts war von ihnen zu sehen,
Und zu hören war bloß
Aus der Mitte des Staubes
Der Waffen dumpfer Stoß.
Auf einmal hell aus dem Dampfe
Scholl der Ruf: Gott ist groß!
Und die Gläubigen wussten,
Wem gefallen das Los.
Ein Wind von oben teilte
Den Staub, da sehen sie knien
Auf der Brust seines Gegners
Ali und würgen ihn.