Rückert

Rückerts Gedichte über den Islam

mit ausführlichen Erläuterungen von

Yavuz Özoguz

Inhaltsverzeichnis

Ali’s Zweikampf

Nachdem die Gegner des Propheten Muhammads (s.) in der Schlacht von Uhud 625 n.Chr. einen Teilerfolg erzielen konnten, nutzen sie die Gelegenheit, um einige Stämme auf der arabischen Halbinsel aufzustacheln, um Medina anzugreifen. Sie sahen darin eine Gelegenheit, der noch jungen muslimischen Gemeinde den Todesstoß zu versetzen. Nach muslimischen Überlieferungen gehörten auch einige der jüdischen Bewohner Medinas zu denjenigen, die einen Angriff auf die Stadt befürworteten, um dem Islam ein Ende zu bereiten. Als Prophet Muhammad (s.) eines Tages die Juden vom Stamm Bani Nuzair aufsuchte, merkte er an ihrem Verhalten, dass sie Schlechtes im Schilde führten, und letztendlich wurde der jüdischen Gemeinde ein Mordplan gegenüber Prophet Muhammad (s.) nachgewiesen. Damit hatten sie gegen ihren Vertrag mit den Muslimen verstoßen. Prophet Muhammad (s.) ließ dem betroffenen jüdischen Stamm daraufhin die Nachricht überbringen, dass sie Medina innerhalb von zehn Tagen zu verlassen hätten. Der ebenfalls medinensische jüdische Stamm der Bani Quraiza, der sich nicht an dem Komplott beteiligt hatte, war nicht davon betroffen.

Die betroffenen Juden entschlossen sich dennoch, in Medina zu bleiben und verbarrikadierten sich in ihren Häusern. Erst nach und nach waren sie bereit, Medina zu verlassen. Ihr gesamtes Hab und Gut durften sie mitnehmen, nur ihre Waffen mussten sie den Muslimen aushändigen. Die Juden nahmen selbst ihre Haustüren mit und zerstörten den Rest ihrer Häuser nach dem Verlassen. Die Oberhäupter der Bani Nuzair reisten nach Mekka und vereinbarten mit den Stammesführern der Quraisch aus Mekka einen gemeinsamen Angriff auf Medina. Die Quraisch gewannen weitere Verbündete für diesen Plan.

Prophet Muhammad (s.) erfuhr über Kundschafter von dem militärischen Bündnis und dem geplanten Angriff gegen die Muslime in Medina. Er berief daraufhin eine beratende Versammlung ein, bei der das weitere Vorgehen besprochen wurde. Dabei wurde trotz großer zahlenmäßiger Übermacht der anrückenden Truppen der Entschluss gefasst, in Medina zu bleiben und die Stadt zu verteidigen.

Der Prophetengefährte Salman al-Farsi schlug vor, um die Stadt herum einen tiefen Graben auszuheben. Auf diese Weise sollte die Stadt vor den Angriffen des Feindes geschützt werden. Zudem sollten Wachtürme errichtet werden, von denen aus der Graben verteidigt werden könnte. Dadurch sollte es dem Angreifer extrem erschwert werden, den Graben zu überwinden. Alle stimmten diesem Vorschlag zu. Sogleich wurde mit der Aushebung des Grabens begonnen. Prophet Muhammad (s.) machte den ersten Spatenstich und arbeitete wie alle anderen, bis der Graben fertig war, sechs Tage vor der Ankunft der gegnerischen Armee! Daher erhielten die darauf folgenden Ereignisse im Jahr 627 n.Chr. den Namen „Grabenschlacht“.

Gemäß Überlieferungen war eine Armee von über 10.000 Soldaten im Anmarsch auf Medina. Überrascht von dem Graben, standen sie hilflos davor und fanden keine Möglichkeit, diesen zu überwinden. Daraufhin belagerten sie die Stadt vier Wochen lang. Es war Winter und ihre Vorräte gingen allmählich zu Ende, denn sie hatten nicht damit gerechnet, dass ihr Kriegszug so lange dauern würde.

Der berühmtester Kämpfer der Angreifer war der unter den Arabern legendäre Amr ibn Abd-al-Wudd (bei Rückert heiß er Amru). Er sprang mit seinem Pferd in den Graben und rief den Muslimen zu: "Ihr sagt, dass eure Toten ins Paradies kommen und unsere in die Hölle, wer will von euch ins Paradies gelangen oder mich in die Hölle schicken?". Prophet Muhammad (s.) wandte sich an die Muslime und sagte: "Wer jetzt von euch gegen ihn kämpft, der wird ins Paradies [dschanna] kommen und wenn er siegt, wird er meine Nachfolge antreten". Alle blieben still, nur der damals 25-jähriger Imam Ali (a.) rief: "Oh Gesandter Allahs, niemand außer mir kann ihm entgegen stehen". Der Prophet rief ihn zunächst zurück. Prophet Muhammad (s.) wiederholte seine Worte noch zweimal und kein anderer Muslim wollte sich dem Kampf stellen, während Imam Ali (a.) sich jedes Mal meldete. Schließlich gab Prophet Muhammad (s.) ihm seinen eigenen Turban und sein Schwert und schickte ihm in den Kampf. Als Ali den Graben herunter ging, schaute der Prophet (s.) in den Himmel und betete für ihn.

Der Kampf verlief gemäß Überlieferungen extrem heftig und endete mit einem in vielen islamischen Geschichtsbüchern vermerkten erstaunlichen Abschluss:

Imam Ali (a.) streckte Amr nieder und wollte ihn töten. In diesem Moment spukte Amr mitten ins Gesicht Imam Alis (a.). Imam Ali (a.) wandte sich kurz ab, ging einige Schritte weg, kam zurück und tötete Amr. Auf sein Verhalten angesprochen erläuterte Imam Ali (a.), dass nach dem Spucken ins Gesicht die Gefahr bestand, dass er ihn nicht aus einer reinen Absicht getötet hätte und es sollte eine Lehre für die Menschen sein, niemals eine persönliche Rache mit reinen Absichten zu vermengen.

Die Juden der Bani Nuzair, die diesen Kriegszug angestiftet hatten, schmiedeten einen neuen Plan. Sie stachelten den in Medina verbliebenen jüdische Stamm Bani Quraiza auf, ihren Vertrag mit den Muslimen zu brechen und sie innerhalb Medinas zu bekämpfen, dann wäre es leichter für das riesige Heer, den Graben zu überwinden. Erst wollten die Bani Quraiza an dem Vertrag festhalten, dann ließen sie sich aber doch umstimmen und bereiteten sich auf die Unterstützung der Belagerer vor. Der Angriff von innen sollten am darauf folgenden Tag erfolgen. In der Nacht kam plötzlich ein heftiger Sturm auf. Die Windböen rissen die Zelte der Angreifer mit sich fort. Noch bevor der Morgen anbrach, zog das Heer der Belagerer auf Befehl ihres Anführers Abu Sufyan ab, der eine Niederlage fürchtete. Die Bani Nuzair schlossen sich den Quraisch an und ließen die Bani Quraiza im Stich, ohne sie rechtzeitig zu informieren.

Die Bani Quraiza standen nun völlig alleine da und wurden belagert. Im Gegensatz zu den Bani Nuzair wurde ihnen kein Abzug mit all ihrem Besitz gewährt. Nach Verhandlungen stimmte Prophet Muhammad (s.) dem Vorschlag zu, Saad ibn Maath, dem Oberhaupt des medinensischen Stammes der Aus, der mit den Juden sehr gute und freundschaftliche Beziehungen pflegte, über das Schicksal der Bani Quraiza entscheiden zu lassen. Er verurteilte die bewaffneten aufständischen Soldaten der Bani Quraiza zum Tode. Ein Teil der Juden konnte fliehen und fand Zuflucht in Chaibar. Andere in Medina lebende Juden waren nicht betroffen und konnten in Frieden in der Stadt weiterleben. Einige von ihnen nahmen später den Islam an.

Im Heiligen Qur´an sind die Ereignisse an verschiedenen Stellen festgehalten (u.a. 33:9 ff.).

In dem Kriege des Grabens

Um die heilige Stadt,

den durch der Feinde Zwiespalt

Gott beendiget hat;

 

Trat aus dem feindlichen Heere

Amru hervor ohne Scheu,

Und aus der Stadt ihm entgegen

Schritt Ali, der Gottesleu[1].

 

Da rief Amru: Mein Vetter!

Nicht töten will ich dich.

Doch Ali rief: Feind Gottes!

Ja, dich töten will ich.

 

Das regte den Zorn des Amru,

vom Rosse sprang er ab,

Selbst seinem treuen Tiere

Den Todesstreich er gab.

 

„Hier sollst du liegen als Zeichen,

Dass ich aus diesem Streit

Nicht lebend will entweichen,

Wenn Gott mir nicht Sieg verleiht.“

 

Nun trafen mit Waffenschalle

Zusammen Held und Held;

Die Gläubigen schauen vom Walle,

Und die Feinde vom Feld.

 

Sie machten hin und wieder

So gewaltig den Sang,

Dass empor vom Boden

Gewirbelt der Staub sie verschlang.

 

Nichts war von ihnen zu sehen,

Und zu hören war bloß

Aus der Mitte des Staubes

Der Waffen dumpfer Stoß.

 

Auf einmal hell aus dem Dampfe

Scholl der Ruf: Gott ist groß!

Und die Gläubigen wussten,

Wem gefallen das Los.

 

Ein Wind von oben teilte

Den Staub, da sehen sie knien

Auf der Brust seines Gegners

Ali und würgen ihn.

[1] Löwe Gottes

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