Rückert

Rückerts Gedichte über den Islam

mit ausführlichen Erläuterungen von

Yavuz Özoguz

Inhaltsverzeichnis

Das verlorene Reich

Marwan II (688-750 n.Chr.) war der vierzehnte und letzte Kalif der Umayyaden (745-750). Er versuchte verzweifelt, das Ansehen der Umayyaden wieder aufzurichten, aber die nach Macht strebende Dynastie der Abbasiden war nicht mehr aufzuhalten. Die Umayyaden erlitten unter Führung von Marwan II. in der Schlacht am Großen Zab (16.-25. Januar 750) im Norden des Irak eine vernichtende Niederlage. Marwan II. wurde auf der Flucht in Ägypten bei der Überquerung des Nil gefasst und getötet.

Noch keinem ward ein Reich entrissen

Auf schmählichere Art

Als einst dem Merwan, der durch Kissen

Gebracht um seines ward.

 

Der letzte von Omeia’s Stamme,

Der hoch die Krone trug,

Nach der empor die Aufruhrflamme

Der Abbasiden schlug.

 

Er war der Mann, die Glut zu dämpfen

Mit seiner starken Faust;

Dem Kühngemuten hat vor Kämpfen

Mit Feinden nie gegraust.

 

Weit war er vor sein Heer geritten,

Die Feinde zu erspäh’n,

Abstieg er in des Feldes Mitten,

Da war’s um ihn gescheh’n.

 

Den Fuß kaum hatt’ er aus dem Bügel,

Da griff sein böses Glück

Nach seines led’gen Rosses Zügel,

Und trieb’s zum Heer zurück.

 

Wie dort sie sehn das Ross ankommen,

und nicht den Feldherrn drauf,

Scheu haben sie die Flucht genommen,

Nichts hemmt den Schreckenslauf.

 

Er eilt nach seiner Hauptstadt Thoren,

Damask, ihm treu zuvor;

Sie sehn, dass er sein Heer verloren,

und schließen ihm das Thor.

 

Da eilt er nach Ägypten nieder

Zum Kampf, nach dem er schnaubt;

Doch aus dem Kampf kehrt er nicht wieder,

Er ließ darin sein Haupt.

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