Rückert

Rückerts Gedichte über den Islam

mit ausführlichen Erläuterungen von

Yavuz Özoguz

Inhaltsverzeichnis

Der Strafredner

Imam Dscha´far ibn Muhammad al-Sadiq (a.) ist der 6. Imam der Zwölf Imame. Er lebte in einer Zeit des Machtkampfes und Herrschaftswechsel von den Umayyaden zu den Abbasiden. In diesem Machtvakuum konnte er viele Gelehrte ausbilden. Imam Sadiq war auch Lehrer zahlreicher Gelehrter, auf die später die sunnitischen Rechtsschulen zurückgeführt wurden, wie z.B. Abu Hanifa. Imam Sadiq (a.) kritisierte seinen Schüler, weil dieser den Vergleichsschluss [qiyas] einführte, wohingegen Imam Sadiq (a.) ihm den Vernunftschluss [aql] gelehrt hatte. Einige Zeitgenossen forderten Imam Sadiq (a.) zum bewaffneten Widerstand gegen das Unrecht auf, wie z.B. Sahl Chorrosani. Aber Imam Sadiq bewies diesen Leuten, wie wenig sie den Islam und die Liebe zu Ahl-ul-Bait (a.) verstanden hatten. Imam Sadiq (a.) wurde von im Jahre 765 vom 3. abbasidischen Kalifen Mansur vergiftet und ist in Medina begraben. Der 5. abbasidische Kalif Harun hat zwar zu Imam Sadiqs Zeiten gelebt, war aber damals nicht Kalif. Vielmehr war Imam Ridha, der Enkel von Imam Sadiq und 8. Imam derjenige, der bekannt dafür ist, den Kalifen Harun Ratschläge zum Guten gegeben zu haben. Daher liegt hier bei Rückert wahrscheinlich eine Verwechslung vor, die allerdings nicht weiter bedeutsam ist, da die inhaltliche Aussage dennoch wirksam ist. Möglicherweise wollte Rückert auch nur den bekanntesten der spätern Imame und den bekanntesten Kalifen jener Zeit zusammen auftreten lassen.

Der Imam Dschafar Ben Mohammed

Trat ein zu Harun Alraschid,

Und fand von Zorn ihn übermeistert,

Von Leidenschaft bewältiget.

Da sprach er: Fürst der Gläubigen,

Wenn du für Gott den höchsten eiferst,

So eifre doch nicht eifriger

Für Ihn, als für Sich Selbst Er eifert.

Er hat dem Eifer Seines Zornes

Gesetzt die Grenzen Seiner Huld,

Die Er nicht überschreiten will,

Noch will, dass du sie überschreitest.

Er gab die Welt in deine Hand;

Gedenke, wie sie vor dir stehet,

Dahingegeben deiner Macht,

So wirst du selber steh’n vor Ihm,

Der Seinigen dahingegeben;

Und wie du über ihr Vergeh’n

Zur Rede deine Diener setzest,

So wird Er selber auch zur Rede

Dich setzen über deine Diener,

Die Seine Diener sind wie du.

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