Die unglückliche Stunde
Die Erbfolge unter den osmanischen
Sultanen und Kalifen wurde nicht immer unproblematisch
eingehalten, manchmal haben die Erben ihre Väter ermordet,
manchmal gab es Brudermorde und Ähnliches, um an die Macht zu
gelangen. Rückert scheint hier zwei beliebige Namen genommen
zu haben, um diese heuchlerische Machtbesessenheit darzulegen,
denn einen Sultan Muhammad, der von einem Mahmud beerbt wurde,
gab es nicht. Rückert könnte aber auch Ahmet III. (1703–1730)
gemeint haben, denn der Name Ahmet ist nur ein anderer Name
für Muhammad. Jener Sultan wurde beerbt von Mahmut I.
(1730–1754), der allerdings nicht sein Sohn war. Rückert weist
dabei auch darauf hin, dass der Erblasser sich seines Unrechts
während seiner Gewaltherrschaft durchaus bewusst war, so dass
hier wohl allgemein auf die Sultane hingewiesen werden soll.
Sultan Mohammed, als er sollte sterben,
Ließ kommen Mahmud, seinen Erben,
Und sprach: O Sohn, mit dir zum Abschied mich zu letzen,
Will ich dir selbst die Kron’ aufsetzen.
Halt, Vater! Rief der Sohn: unglücklich ist die Stunde,
Die Stunde deines Todes für mich.
Doch jener lächelte mit bleichem Munde:
Für mich unglücklich ist sie, nicht für dich.