Josef im Kerker
Josef
(a.)
war der Sohn Jakobs (a.) und ein großer Prophet des Islam, dem
die Fähigkeit zur Traumdeutung offenbart wurde. Ihm und seiner
Geschichte ist die zwölfte Sure des Heiligen Qur´an gewidmet.
Josef (a.) sieht in einem Traum, wie sich die Sonne, der Mond
und 11 Sterne vor ihm zu Ehren Gottes verneigen. Diese 13
Elemente spiegeln die Ahl-ul-Bait wieder, wobei er selbst die
14. Person, den erwarteten Imam Mahdi (a.) repräsentiert.
Josef (a.) hatte einen leiblichen Bruder
(Benjamin) und 10 Halbbrüder (Ruben, Simeon, Levi, Juda, Dan,
Naftali, Gad, Ascher, Issachar und Sebulon). Letztere neideten
die Liebe des Vaters zu Josef (a.) und baten den Vater, dass
sie ihn mitnehmen könnten zum Spielen. Dabei warfen sie ihn in
einen Brunnen oder Zisterne und behaupteten vor dem Vater,
dass der Wolf Josef (a.) getötet hätte.
Nach einer kleinen Verborgenheit im
Brunnen findet ihn eine Handelskarawane der Nachkommen Ismaels
(a.), nimmt ihn mit nach Ägypten und verkaufen ihn Potifar,
den Oberaufseher der Leibwache des Pharao. Potifars Frau
Sulaika versucht den extrem gut aussehenden Josef (a.) zu
verführen und scheitert, so dass sie ihn aus Rache in den
Kerker werfen lässt. Weil er dort anderen Gefangenen die
Träume deutete, wird letztlich nach einiger Verzögerung der
Herrscher Ägyptens auf ihn aufmerksam. Josef deutete dem
Herrscher schließlich einen Traum, demzufolge Ägypten sieben
reiche und sieben magere Jahre bevorstünden. Ägypten konnte
sich durch diese Weissagung auf die Dürre vorbereiten und
ausreichend Getreide lagern. So kam Josef frei und wurde zum
Stellvertreter und Finanzverwalter des Herrschers.
Als die Dürre kam, machten sich auch
Bewohner Kanaans auf, um vom ägyptischen Herrscher Getreide zu
kaufen, unter anderem auch Josefs Brüder und erbaten sich
Nahrung. Doch Josef, der sie erkannte, sicherte ihnen soviel
Getreide zu, wie sie wollten, wenn sie ihren jüngsten Bruder
Benjamin nach Ägypten brächten.
Jakob (a.) ließ seinen Sohn Benjamin
trotz großer Bedenken ziehen. Josef hielt Wort und schenkte
den Brüdern reichlich Getreide. Als sie jedoch nach Hause
aufbrachen, beschuldigte Josefs Verwalter die Brüder, seinen
Herrn bestohlen zu haben. Und tatsächlich, in Benjamins Sack
fand sich durch eine List Josefs (a.) ein goldener Becher des
Hofs. Josef (a.) drohte nun, den Jüngsten ins Gefängnis zu
werfen, doch die Brüder setzten sich für ihn ein. Josef, der
nun merkte, dass sich seine Brüder geläutert hatten, gab sich
ihnen zu erkennen.
Derweil hatte sich sein Vater Jakob
derart gegrämt, dass seine Augen vom weinen blind geworden
waren, aber der Duft des zurückgebrachten Kleides Josef
eröffnet ihm wieder das Augenlicht.
Josef ordnete an, dass sein Vater und der
Stamm der Hebräer nach Ägypten kommen sollten. Hier verbrachte
Jakob (a.) seine letzten Jahre. Josef selbst soll 110 Jahre
alt geworden sein, als er in Ägypten starb.
Ca. 500 Jahre später wurde der Leichnam
Josefs in seinem Sarg beim Auszug der Israeliten von Moses
(a.) aus Ägypten mitgenommen. Wo er allerdings bestattet
wurde, darüber gibt es keine biblischen Berichte. Archäologen
und Historiker vermuten jedoch, dass er im Grab seiner Mutter
Rachel auf der Straße nach Bethlehem beerdigt worden sein
soll.
Rückert gibt die verschiedenen Teile der
Geschichte im Heiligen Quran in der eigens Josef gewidmeten
Sure 12 in gleich drei Gedichten wieder (hier nur eines
wiedergegeben). Darin vergleicht er die Geschichte Josefs (a.)
auch mit der Geschichte Abrahams, der von Nimrod ins Feuer
geworfen wurde, aber das Feuer wundersam kühl blieb, oder mit
der Geschichte Abrahams, als er seinen Sohn opfern sollte.
Rückert gibt dabei die biblische Interpretation wieder, dass
der zu opfernde Sohn Isaak war, wohingegen die islamische und
qur´anische Version auf Ismael verweist:
Als
im Kerker Josef hat
Ausgelegt den Traum dem Schenken,
Und
den frei Entlassnen hat,
Sein
beim König zu gedenken,
Doch
ihn der im Glück vergaß,
Josef nun voll Kummer saß,
Und
der Welt Undank ermaß
Zu
ihm eintrat Gabriel
Und
im Kerker ward es Licht:
„Was
betrübet deine Seel’,
Ob
ein Mensch die Treue bricht?
Sprich, wer tat’s dass du dem Bronnen
Und
der Brüder Neid entronnen?“
Josef sprich: Gott hat’s begonnen.
„Und
wer hat dich los gemacht
Von
dem Band der Buhlerei,
In
den Kerker dich gebracht,
Dass
du bliebest sündenfrei?“
Gott. „Wer wird dich nehmen nun
Aus
dem Kerker?“ Gott wird’s tun.
„Also lass den Schenken ruh’n.
„Schäme dich des Kleinmuts gegen
Deinen Ahnherrn Abraham!
Als
ihn ließ in Gluten legen
Nimrod, und ich zu ihm kam:
Womit dienen kann ich dir?
„Helfen kann sein Diener hier,
Nur
der Herr wird helfen mir!“
„Schäme dich der Zagheit gegen
Isaak, deines Vaters Vater,
Der
sich auf den Holzstoß legen
Ließ, und nicht den Mund auftat er.
Als
das Messer ward gezückt,
Hat
er nicht sich weggebückt,
Darum ward er ihm entrückt.
„Gegen deinen eignen Vater,
Jakob, schäme, schäme dich!
Sich
um dich gegrämt hat er,
Gräme noch und grämet sich.
Seine Augen weint’ er blind,
Doch
es tröstet ihn der Wind
Mit
dem Duft von seinem Kind.
„Doch weil du in Ungeduld
Menschenhülfe sprachest an,
Sei
dein Kerker für die Schuld
Sieben Jahr’ unaufgetan.
Dann
wird deiner Gott gedenken,
Er,
nicht jene, wird es lenken,
Welche Wein den Kön’gen schenken.“